Zu Besuch bei Elizángela und ihrer Familie in Lima
Ein persönlicher Bericht von Pateneltern
Nichts kann eigene Erfahrung ersetzen. Seit vielen Jahren unterstützen wir Patenkinder von Plan in Peru. Viele Briefe sind hin- und hergeschickt worden, und jetzt ist es soweit. Zum ersten Mal besuchen wir unser jetziges Patenkind Elizángela und ihre Familie in Lima.
Wir treffen uns im Projektbüro von Plan und schon geht die Reise mit Isabel – einer Projektmitarbeiterin von Plan – und einem Fahrer los. Ein kurzer Stopp in einem Supermarkt und Isabel wählt wichtige Dinge des täglichen Lebens für die Familie aus, die wir als Geschenke mitbringen.
Je weiter die Fahrt nördlich von Lima geht, desto stärker nimmt die Zahl der Ansiedlungen zu, die aus der Ferne einen chaotischen Eindruck machen. Ungefähr 170.000 Familien leben hier und täglich werden es mehr. Wir biegen nach einer knappen Stunde von der Hauptstraße ab und befinden uns in einem von mehreren Gebieten, die von Plan unterstützt werden. Die bisher geteerte Straße verwandelt sich urplötzlich in eine rote, unebene Piste, die sich einen Hang hochschlängelt. Straßennamen sucht man vergebens, doch wir finden unser Ziel. Beladen mit Einkaufstaschen
sowie den kleinen Geschenken, die wir aus Deutschland mitgebracht haben, nähern wir uns weiter bergauf gehend einer blauen Tür, die sich öffnet.
Lächelnd kommt uns Elizangela’s Vater entgegen, der sich für diesen Tag Urlaub genommen hat, und begrüßt uns herzlich. Er bittet uns hinein, und wir stehen in einem größeren Raum, der als Ess- und Wohnzimmer dient. Schnell kommt der Rest der Familie mit der anwesenden Plan Community-Betreuerin dazu. Die Befangenheit aller Beteiligten ist zu spüren. Es ist eher selten, dass Pateneltern zu Besuch kommen. Auch wir sind unsicher und hier helfen auch nicht die guten Ratschläge, die wir aufmerksam auf dem Merkzettel von Plan gelesen haben.
Die erste Annäherung
Der Vater hat ein gutes Gespür dafür und schlägt vor, die beiden Kinder von der Schule abzuholen. Das ist eine tolle Idee. Wir gehen nur wenige Minuten und stehen vor einer geschlossenen Tür einer Schule, an der wir zuvor schon vorbeigekommen sind. Der Vater klopft und die Tür wird von innen geöffnet. Es dauert dann einige Minuten bis ein Mädchen in einer Schuluniform herauskommt. Es ist Elizángela, die ich ausgehend von den Bildern nicht erkannt hätte. Mit ihren sechs Jahren ist sie schon groß und ihre schicke Schuluniform verstärkt diesen Eindruck noch. Doch das Äußere täuscht: sie steht jetzt schüchtern vor uns und muss plötzlich weinen. Ihr vier Jahre älterer Bruder Jeyson, der auch in dieser Schule ist, wird ebenfalls gerufen und zeigt, dass eine Familie wie ein buntes Kaleidoskop sein kann. Er ist ein offener Junge, der sofort Anschluss sucht und findet.
Elizángela spielt im Kindergarten
Zusammen, d.h. auch mit dem Hund, der uns begleitet, gehen wir zurück zum Haus. Wir packen unsere Fotos aus Deutschland aus, erzählen von unserer Familie und von unserem Leben. Teilweise können wir das selbst in Spanisch, teilweise übersetzt Isabel vom Englischen ins Spanische. Schnell sind wir in Gespräche und dem Austausch von Erfahrungen vertieft. Ein „Mensch ärger dich nicht Spiel“ sorgt zudem für gute Laune. Die Kinder freuen sich sehr über die mitgebrachten Geschenke und auf einmal ist es schon Zeit zum Mittagessen, zu dem wir von der Familie eingeladen werden. Es gibt peruanische Nationalgerichte und Getränke. Den Anfang macht eine Chica Morada: ein süßes Getränk ohne Alkohol, das aus einer roten Maisschote hergestellt wird. Das Essen besteht aus zwei Gängen: Ceviche: ein kaltes Fischgericht in Limonensauce und süßen Kartoffeln mit Zwiebeln, Koriander und Chili garniert. Danach gibt es Huhn mit Reis. Das Essen, das von der Mutter in einem durch eine Decke abgetrennten Nebenraum zubereitet worden ist, schmeckt herrlich. Wir sitzen an einem Tisch mit Stühlen, die von dem Vater selbst hergestellt worden sind – er ist Tischler.
Wir erfahren u.a., dass die Familie einen Stromanschluss hat. Wasser wird alle zwei Wochen mit einem Tanklastzug gebracht und muss gekauft werden. Die Toilette liegt außerhalb der Wohnung und besteht aus einem einfachen Loch, das regelmäßig leer gepumpt wird. Der Vater kommt aus einer Stadt im Norden Perus und hat mit der Familie drei Jahre auf dem Flecken Erde verbracht, wo jetzt das Haus steht. Nach diesen drei Jahren ist ihm das Grundstück auch rechtlich zugesprochen worden.
Wir kommen uns näher
Immer wieder klickt der Fotoapparat, denn diese Momente gilt es festzuhalten. Ángela, wie das Mädchen genannt wird, hat mittlerweile ihre (verständliche) anfängliche Zurückhaltung aufgegeben und macht fröhlich jeden Schabernack mit. Isabel stellt die Arbeit von Plan in diesem Gebiet von Lima etwas konkreter dar. Wir besuchen auch noch einen Kindergarten und eine Schule.
In allen Gesprächen wird deutlich, wie wichtig die Kinder genommen werden und wie viel Wert darauf gelegt wird, dass die Kinder die Verantwortung für das eigene Lernen übernehmen.
Nach diesem Ausflug in das peruanische Erziehungssystem geht es mit dem Hund im Auto zurück zu unserem Ausgangspunkt – dem Haus der Familie. Ein letztes Abschiedsbild nach reignisreichen Stunden und das sichere Gefühl, uns näher gekommen zu sein.
Zurück in unserem Hotel in einem lebendigen Stadtteil von Lima wird uns immer bewusster, dass wir an diesem Tag für uns ganz wichtige Erfahrungen gemacht haben, die durch keinen noch so persönlichen Brief ersetzt werden können. Trotzdem ist uns bewusst, wie wichtig gerade auch dieser briefliche Kontakt ist. Die Familie zeigte uns voller Stolz alle unsere Briefe, die in einer Mappe zusammengestellt waren.
Das Abschiedsfoto
Cornelia und Udo Stauber